GRÜNDUNG
Die Angaben zur Formierung der Gruppe(n) sind ein wenig widersprüchlich und verwirrend.
Es gibt hierbei drei grundlegende Probleme: Erstens wurden in der Zeit der Gründung
keinerlei Artikel geschrieben, sodass alle Informationen darüber auf Erinnerungen
der Bandmitglieder in späteren Artikeln basieren. Es liegt in der Natur der Sache,
dass je weiter ein Ereignis zurückliegt, die Erinnerungen immer undeutlicher werden.
Zweitens wurden in den früheren Jahren seitens der Journalisten kaum jemals klare
Fragen formuliert, sondern eher Suggestivfragen gestellt, und die Bandmitglieder
neigten dazu, darauf "anzuspringen". Außerdem bezogen sich die Journalisten gern auf
ältere Artikel, anstatt eigene Fragen zu stellen. Zum Dritten wurden DM in ihren
Anfangszeiten so gut wie nicht ernst genommen. Sie wurden als kleine Jungs betrachtet,
die nichts Wichtiges zu sagen hatten, also wurden sie auch nichts wirklich Wichtiges
gefragt.
Etwa 1977 gründeten Vince und Fletch No Romance in China, mit Vince als
Sänger und Gitarrist sowie Fletch als Bassist. Eine andere Quelle besagt, dass
No Romance in China 1979 gegründet wurde. Ich neige jedoch dazu, von
1977 auszugehen, denn Fletch sagte, sie hätten diese Band gehabt, als er
16 war, und das war er 1977.
Weiterhin gibt es zwei unterschiedliche Quellen, die eine Band namens The Plan
erwähnen, die 1978 aus Robert Marlowe als Sänger und Vince als Gitarristen
bestanden haben soll.
Bis 1979 spielte Martin Gitarre bei dem Akustikduo Norman and the Worms,
gemeinsam mit Philip Burdett, der den Gesang übernahm. Gleichzeitig waren Vince
und Martin 1979 anscheinend noch in einer anderen Band.
Dave: "Vince hatte eine Band, The French Look, mit Martin, Rob Marlowe und
Rob Allen, für die ich den Sound mischte. Dann startete Vince Composition of Sound
mit Andy und Martin. Die beiden Gruppen fielen auseinander, weil beide Martin
wollten. Typisch, er konnte sich nicht entscheiden, wollte zu allen nett sein."[1]
In anderen Quellen heißt es allerdings, dass The French Look aus Martin, Rob Marlowe
und Paul Redmond bestanden hätte. Da Dave mit Paul Redmond befreundet war, sind
diese Quellen möglicherweise korrekt. Vielleicht wechselten die Mitglieder dieser
frühen Gruppen auch beständig.
Es ist nicht ganz klar, ob und wie sehr Vince, Martin und Fletch zu diesem Zeitpunkt
mit Dave in Kontakt standen. Einmal wird der Eindruck erweckt, als kannten sie ihn
nur vom Sehen. Dann wieder sagt Martin: "Es war nicht so, dass er ein Fremder
gewesen wäre. Wir kannten uns alle aus Schultagen."[2]
Natürlich kann auch das bedeuten, dass sie sich nur vom Sehen kannten, zumal sie
nicht auf die gleiche Schule gingen.
In einer anderen Quelle wird Dave mit: "Ich traf Vince Clarke eines Tages vor
einem Pub",[3] zitiert. Dies könnte bedeuten, dass er Vince besser kannte als Martin
und Fletch. Andererseits müsste er auch Martin gekannt haben, zumal er für The
French Look den Sound mischte, wie er sagte.
Eine spätere Quelle gibt eine weitere mögliche Erklärung. Dave: "Ich war nur
ein Freund von Paul Redmond, diesem riesigen Punk in Basildon mit leuchtend orangen
Haaren, vor dem alle Angst hatten. Ich hängte mich an Paul, weil mir dann niemand
was tun konnte."[4]
(Ein Tunnel in Basildon - mit freundlicher Genehmigung von © Leah)
Wie dem auch immer sei: 1980 gründeten also Vince, Fletch und Martin Composition of Sound mit zwei Gitarren, einem Bass (von Fletch gespielt) und einer Drum Machine. Obwohl Martin ebenfalls Songs schrieb, war Vince der Bandleader, textete und sang. Während sowohl Fletch und Martin als auch Fletch und Vince befreundet waren, wurde aus späteren Quellen ersichtlich, dass Martin und Vince einander nicht besonders gut kannten.
Sie hatten auch ein paar Auftritte zu dritt - einen im Scamps im Southend und einen
bei Deb Danahays Party. (Letzterer war kein richtiger Auftritt, denn Deb Danahay war
Vinces Freundin.)
Fletch: "Als wir anfingen, gaben wir ein paar Konzerte bei Freunden in Basildon.
Das war, bevor Dave dazu kam, und es war ziemlich gut. Eines dieser Konzerte spielten
wir vor sieben Leuten und zehn Teddybären," (lacht), "und wir hatten ... äh ..."
Dave: "... Pyjamas an."
Fletch: "Pyjamas. Es hat einfach Spaß gemacht. Wir haben auch noch eine Aufnahme
von diesem Konzert."[5] (Ich schätze, dass eine Menge Leute diese Aufnahme gern einmal
hören würden.)
Leider scheint sich niemand an die exakten Daten zu erinnern. Vielleicht, weil diese
ersten Konzerte keinerlei Erfolg brachten.
Fletch: "Die Menge reagierte nicht. Also verlor Vince die Beherrschung. Störer
wurden rausgeworfen."
Martin: "Da waren eine Menge 14-Jährige, die noch nie zuvor einen Synthesizer
gesehen hatten, also spielten sie an den Knöpfen herum und fragten: 'Was passiert damit?'"[6]
Es fehlte etwas, um Erfolg zu haben.
Martin: "Obwohl wir dringend einen Sänger brauchten, nahmen wir uns Zeit und
warteten geduldig darauf, dass die richtige Person vorbei kommen würde."[7]
Und irgendwann lief ihnen diese richtige Person über den Weg.
Fletch: "Das passierte so: Wir hörten Dave, als er bei einer Jamsession
Hereos von David Bowie sang. Wir waren nicht mal sicher, ob er es war, der
es sang, es gab so viele Leute, die da sangen!"[8]
Das war offenbar das erste Mal, dass die anderen Dave wirklich wahrnahmen, ganz
gleich, ob sie ihn nun vorher näher gekannt hatten oder nicht. Vince meinte, sie
sollten ihn in der Band haben, weil - so Dave später - "er dachte, ich sähe
in meinen Marks-&-Spencer-Pullover und meinen Cordhose so toll aus."[9]
Das war sicherlich nicht der Hauptgrund. Viele Jahre später erklärt Dave:
"Vince war ziemlich clever, mich an Bord zu holen, weil ich zu dieser Zeit Teil
der sogenannten In-Szene in London und Essex war. Wir gingen immer in diese
exklusiven kleinen Clubs in London, in denen sie Kraftwerk und Bowie der 1980er
Berlin-Ära spielten. Diese Szene bestand so aus 100 bis 200 Leuten, und viele
davon waren meine Freunde, und Vince erkannte, dass wir dadurch in diese Clubs
kommen konnten."[10]
Vince bestätigt das mehr oder weniger: "Dave Gahan war die Modeikone von
Basildon. Er war der Neue Romantiker. Es gab Gerüchte, dass er im Club Blitz im
London gewesen war. Es wirkte alles sehr glamourös. Daher beschlossen wir,
ihn als Frontmann zu holen, denn er war auffallend, extrovertiert und sehr,
sehr selbstbewusst."[11]
Auch Martin sagt: "Er hatte wirklich ein Gefühl für Style, und ich denke,
dies war einer der Gründe, warum wir ihn als Bandmitglied rekrutierten. Ich denke,
wir rekrutierten ihn, weil er mit einem Haufen Leute rumhing. Er schien eine Menge
Freunde zu haben, die uns umgehend als Publikum zur Verfügung standen." (lacht)
Fletch: "Während der New Romantic-Phase sah er einfach großartig als Neuer
Romantiker aus, während wir anderen - besonders ich - damit nicht gerade
erfolgreich waren."[12]
Etwa eine Woche nach den Proben, bei denen Dave Heroes gesungen hatte, rief Vince ihn an, "und fragte mich, ob ich es gewesen wäre, der gesungen hätte, und ich sagte ja. Da hatten auch noch andere Leute gesungen, aber ich sagte, ich sei es gewesen.[13] Er fragte mich, ob ich zu einer Probe kommen wollte. Ich war sehr schüchtern, aber es war etwas, womit ich mich beschäftigen konnte."[14]
Damit war die neue Band komplett.
Man ist sich in Fachkreisen uneins darüber, wann genau der erste Auftritt mit Dave
war. Einige meinen, es sei der 31. Mai 1980 gewesen, andere sagen, es sei
der 14. Juni gewesen. Sicher ist: An beiden Tagen traten Composition of Sound
in der Nicholas Gesamtschule in Basildon auf, wobei sie als Vorgruppe von The French
Look agierten. Somit war der erste Auftritt mit Dave wahrscheinlich am 31. Mai.
Es gibt hierzu auch noch eine Geschichte, in der es heißt, Martin habe zu dieser
Zeit zudem noch bei The French Look gespielt. Er trat erst mit Composition
of Sound auf, wechselte dann das Hemd und ging anschließend wieder auf
die Bühne, diesmal mit The French Look.
Dave war ungeheuer nervös und soll - laut Fletch - "etwa zehn Dosen Lager"
gebraucht haben, um sich zu beruhigen.
Dave: "Alles, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich ununterbrochen zu
mir selbst sagte: 'Ich will das nicht tun, ich will das nicht tun.'"[15]
Wirklich schlimm kann es dann aber nicht gewesen sein. Dave lud eine Menge Leute
ein, sogenannte Neue Romantiker, was den Auftritt aufwertete und auch eine Art
Startschuss darstellte. Es scheint, als sei Dave in diesen frühen Tagen tatsächlich
sehr nützlich gewesen.
Fletch: "Dave kannte die Southend-Szene, was es uns ermöglichte, vor 300 Leuten
zu spielen."[16]
Dave: "Ich hatte eine Menge Freunde, die sich gern schick anzogen und auf
Konzerte gingen. So hatten wir immer bereits gut 30 Leute im Publikum."[17]
Die Anzahl der Leute variiert von Quelle zu Quelle - 30, 50, 100, 200, 300. Wahrscheinlich
kamen mal 30 und mal 300 Leute.
Sie traten zunächst im Bridge House in London auf, in dem ihnen der Betreiber eine
Chance gab. Diese Konzerte waren ebenso wertvoll wie die im Crocs in Rayleigh. Auch
hier hatten sie jemanden, der ihnen half.
Dave: "Der dortige DJ, Rusty Egan, mochte uns, und so konnten wir dort auftreten,
wenn er auflegte."[18]
Fletch: "Wir haben wohl so an die fünfzehn Mal im Crocs gespielt, und das machte
uns viel Mut, wir waren nicht mehr wirklich nervös.[19] Jeden Samstag traten wir auf und
spielen vor 300 Leuten, 280 davon kannten wir."[20]
Es scheint, als seien die anderen drei zunächst recht zufrieden damit gewesen, nur ein
paar Konzerte für ihre Freunde zu spielen. Vince hingegen hatte Ambitionen, erfolgreich
zu werden und auch, sich musikalisch weiterzuentwickeln- "Als wir anfingen, wollten
wir sehr klar klingen. Man geht und hört sich eine Band an, und da gibt es Schlagzeug,
Gitarren und Saxophon, das ist wie eine Soundwand. Ich wollte einen Sound erzeugen,
bei dem man jedes Instrument heraushören kann, jede Melodie. Außerdem wollten wir
einen Rhythmus erzeugen, zu dem man tanzen konnte."[21]
Musik zu machen, zu der man tanzen konnte, war ein generelles Ziel der Band, nicht
zuletzt, da die Leute, die Dave zu den Konzerten einlud, tanzen wollten.
Es war dann jedoch nicht Vince, der den Startschuss dazu gab, dass sie im Laufe des
Sommers 1980 zu einer Synthesizerband wurden. Vielmehr war es Martin,
der sich als Erster einen Synthesizer kaufte. Allerdings gab es ein paar Startschwierigkeiten.
So gab er zu, dass er seinen Synthesizer einen Monat lang besaß, bevor er herausfand, dass
er den Sound verändert konnte. "Weißt du, dieser Sound, der so klingt - WAUGH? Daran
blieb ich ewig hängen. Als wir unser erstes Demoband machten, hatten alle Spuren den
gleichen Klang. Es dauerte nicht lange, bis die anderen nachzogen. Es ist viel leichter,
Synthesizer zu lernen als die meisten anderen Instrumente."[22]
Dave: "Wir wechselten nicht zu den Synthesizern, weil es gerade in war. Es
passierte einfach. Einige unserer Freunde fanden sie toll, und wir mochten den Klang."[23]
Martin: "Für uns war Synthesizer ein Punkinstrument, weil es da noch ziemlich
neu war und sein Potential unbegrenzt schien."[24]
Es schien auch recht leicht zu sein, zu einer Synthie-Band zu werden.
Fletch: "Vince hatte sechs Monate gespart, um sich eine Gitarre zu kaufen, und
er war ein bisschen verärgert, als Martin sich seinen Synthesizer kaufte. Also sparte
er noch mal sechs Monate für einen Synthesizer. Damit hatten wir also zwei, und ich
spielte Bass. Und dann kam Vince eines Tages und meinte: 'Ich denke, es wäre gut,
wenn du auch einen Synthesizer hättest - lass uns alles elektronisch machen.'"[25]
Es folgten weitere (verbürgte) Auftritte am 21.06, 02.07., 16.08., 30.08., 20.09.,
24.09. und 11.10., im Alexandra Pub in Southend-on-Sea, im Crocs in Ragleigh
und im Bridgehouse in London, ehe sie ihren Namen von Composition of Sound in
Depeche Mode änderten.
Von Anfang an taten sie sich mit Namen und Titeln schwer. Also dachten sie lange über
einen Bandnamen nach. Das meiste, was ihnen einfiel, soll ziemlich seltsam gewesen
sein (Beispiele wurden jedoch keine genannt), aber es kam ihnen lange nichts in den Sinn,
was sie wirklich angesprochen hätte.
Martin: "Dave lernte Modedesign und Schaufensterdekoration und benutzte das
französische Magazin Mode Dépêche als Vorlage. Es bedeutet eilige Mode oder
Modeversand."[26]
(Eigentlich "Modenachrichten".) Zunächst kümmerten sie sich jedoch nicht weiter um
die Bedeutung.
Martin: "Es ist immer schwierig, etwas zu finden, was man selbst mag und was
auch andere Leute anspricht. Wir sahen den Namen auf dem Magazin und es machte
Klick. Wir haben uns nie darum gekümmert, was es genau heißt."[27]
(Schwer zu glauben, wenn man bedenkt, dass Martin sein Abitur mit Französisch
gemacht hat.)
Über das Datum des ersten Konzerts, das sie als "Depeche Mode" gaben, ist man sich
ebenfalls nicht ganz einig. Einige meinen, es sei der 16.10.1980 im Bridge
House gewesen, anderen sagen, es sei der 29.10. im Ronnie Scott's in London
gewesen. Ich denke, es war der 16.10., zumal hierzu eine Zeitungsanzeige
erhalten geblieben ist.
Nach und nach begannen sich die Dinge, zu entwickeln. Im Crocs stellte der DJ Rusty
Egan die Band Stevo Pearce vor, einem anderen DJ, der sie fragte, ob sie einen Song
zum Some Bizarre Album beisteuern wollten. Das Album beinhaltete Tracks von
New-Wave-Gruppen ohne Plattenvertrag. Stevos Vision war es, ein Album zu kreieren,
das sich der Mode und dem Style der Zeit widersetzte.
Vince: "Zu dieser Zeit hatten wir keinen Plattenvertrag, und wir interessierten
uns für dieses Projekt, also machten wir mit. Jetzt bedauern wir es wegen dieses
Futuristen-Zeugs."[28]
In der Tat würde es Jahre dauern, bis sie das "Futuristen-Zeugs" wieder los werden würden,
und ebenso lange dauerte es, bis sie nicht mehr zu den Neuen Romantikern gezählt
werden würden.
Während dieser Zeit hatten sie (zumindest Martin, Fletch und Dave) noch immer keine
großartigen Ambitionen, eine große, erfolgreiche Band zu werden. Dennoch waren sie
daran interessiert, eine Platte zu machen. Daher nahmen sie ein Demoband auf und gingen
damit zu den verschiedensten Plattenfirmen. (Viele Jahre später würden einige Exemplare
dieses Bandes auf eBay auftauchen und für eine kleine Sensation unter den Fans sorgen.)
Doch zunächst interessierte sich niemand für sie.
Fletch: "Als wir mit dem Demoband die erste Vorstellrunde drehten, kam nichts
von den Plattenfirmen zurück."
Dave: "Ja, Vince und ich gingen überall hin, besuchten so 12 verschiedene Firmen
an einem Tag.[29] Aber niemand war interessiert, alle wiesen uns ab,[30] außer diesem
Rasta-Typ, der uns zu einer Elektro-Reggae-Gruppe umfunktionieren wollte. Ehrlich!
Es war total verrückt - er hatte diesen Plan, uns nach Nigeria zu bringen ...[31] Auch
Daniel [Miller, Boss des Labels Mute Records] war zunächst nicht interessiert.
Wir waren mit unserem Tape bei Rough Trade.[32] Das war unsere letzte Hoffnung, und
wir dachten schon, sie würden es mögen, und am Ende sagten sie: 'Ganz gut, aber das
ist nichts für Rough Trade.' Dann sagten sie, dass es vielleicht was für ihn wäre,
und deuteten auf Daniel, der gerade hereinkam. Er drehte sich um, sah uns an, sagte:
'Yeeeech', ging raus und warf die Tür hinter sich ins Schloss."[33]
(New Life - mit freundlicher Genehmigung von © Sandra Lara)
Aber am 11.11., als DM als Vorgruppe von Fad Gadget im Bridgehouse auftraten
(später würde Fad Gadget mal als Vorgruppe von DM spielen), sprach Daniel Miller sie
von sich aus an und fragte sie, ob sie eine Single mit ihm aufnehmen wollten.
Vince: "Wir haben eine bessere Chance mit Mute. Daniel ist gut zu uns, und wir
mögen die Art, wie er arbeitet. Er hatte großen Erfolg mit den Silicon Teens, und
wir fühlen uns gut aufgehoben. Daniel hat eine Nase für solche Dinge.[34]
Mute ist eine der ehrlichsten Firmen. Wir haben mit all den großen Firmen gesprochen
und fanden, dass sie nur halb so nett waren, wie sie sich zunächst gaben. Wir waren
misstrauisch ihnen gegenüber. Ich denke, wir hatten Glück, die richtige Person
zur richtigen Zeit getroffen zu haben."[35]
Dave: "Daniel war der Erste, dem wir vertrauen konnten. Er sagte, er würde
eine Single mit uns machen. Wenn wir danach nicht in seiner Firma bleiben wollten,
seien wir dazu nicht verpflichtet."[36]
Der Vertrag wurde nur per Handschlag besiegelt und DM wurden - nach Fad Gadget
und Non - die dritte Band in der Firma Mute, die damals noch nicht mal eigene
Geschäftsräume hatte.
Daniel Miller (übrigens - wusstest du, dass er eine Filmhochschule besuchte und
nach dem Verlassen des Colleges 1971 erst mal als Cutter arbeitete?) hatte
Mute Records 1977 gegründet, als er auf eigene Faust die Single
TVOD/Warm Leatherette veröffentlichte. Er dachte dabei niemals daran, dafür
bei einer der großen Plattenfirmen zu unterschreiben. Er mochte sie ganz einfach
nicht. Die Idee, unabhängig zu sein, gefiel ihm, und er begann mit einer Auflage
von 500 Stück. Da sich die Single gut verkaufte, ging er eine Kooperation mit
Rough Trade ein. Als er Fad Gadget traf, beschloss Miller, mit Bands zu arbeiten
und so etwas wie Labelchef und Produzent in einem zu werden. Er wurde so eine Art
"musikalischer Vater" für DM, und für lange Zeit war er so etwas wie das
"heimliche fünfte Mitglied" der Band. Bis heute ist er in alles eingebunden,
was DM betrifft.
Die Band wusste dies sehr zu schätzen und blieb bei Mute, obwohl sie nach den ersten
Erfolgen auch von größeren Firmen angesprochen wurde, die ihnen Verträge anboten.
Dave: "Plötzlich interessierte sich jeder für uns, und die großen Plattenfirmen
standen Schlange. Der Musikstil kam in Mode, und sie machten förmlich Jagd auf uns.[37]
Sie kamen zu den Auftritten, kauften uns was zu essen, als wollten sie uns mästen.
Sie boten uns viel Geld an, was verlockend war, aber wir vertrauten Daniel."
Fletch: "Ich denke, wir lassen ein bisschen was aus, weil wir keine Hunderttausende
von Pfund hinter uns haben. Wir haben einen Partnerschaftsvertrag, sodass wir unsere
Kosten selbst tragen müssen."[38]
Andererseits bot ihnen dies künstlerische Freiheit und die volle Kontrolle über alles,
was sie betraf. Sie durften sich (wie Alan später einmal sagte) entwickeln und
ihre eigenen Fehler machen. Etwas, was vielen anderen Künstlern nicht vergönnt ist,
da viele von ihnen eher Opfer denn Partner ihrer Plattenfirmen sind. Es gibt viele
Beispiele von jungen Bands, die Marionetten ihrer Labels sind. Einige müssen ein
Album nach dem anderen veröffentlichen, andere können überhaupt keine Platte aufnehmen,
weil sie blockiert werden. Es ist ein schmutziges Geschäft. Eine Feststellung, die
DM durchaus auch machen würden, aber sie würden sich immer in einer glücklichen
Position befinden. Auf der anderen Seite hatten sie so auch immer ein wenig
den Status eines Außenseiters inne, was ihre Stellung im Musikgeschäft betrifft.
Vielleicht ist dies Teil des Geheimnisses, warum sie berühmt sind, ohne wirklich
bekannt zu sein.
Martin: "Mit Mute war das immer Schritt für Schritt, wie es immer noch ist.
Es gab zuerst nur einen Deal für eine Single, wohingegen uns alle anderen dazu bringen
wollten, für neun Alben zu unterschreiben. Das erschien uns zu viel."[39]
Aber es stand noch das Some Bizarre-Projekt im Raum. Da Miller und Stevo
geschäftliche Kontakte miteinander unterhielten, wurden letztlich beide Projekte
realisiert.
So nahmen DM Ende 1980 Photographic für das Some Bizarre Album
auf - mit Daniel Miller als Produzent. Hierzu baute die Band einfach ihr Equipment
im Studio auf und spielte einige ihrer Stücke. Schließlich wurde Photographic
ausgewählt. Der Song wurde an nur einem Tag aufgenommen und abgemischt.
Quellenangaben:
[1] Entnommen aus: Dave Gahan: The Wild Boy, No. 1, 04.05.1985. Autor: Dave Gahan.
[2] Entnommen aus: Angels with shining Faces, Record Mirror, 01.08.1981. Autor: Mike Nicholls.
[3] Entnommen aus: Dave Gahan: The Wild Boy, No. 1, 04.05.1985. Autor: Dave Gahan.
[4] Entnommen aus: Interview with Dave Gahan, Mojo, 22.03.2013. Autor: Martin Aston.
[5] Entnommen aus: Interview mit Dave und Fletch, Radio 1 (UK), 19.02.1982. Interviewer: unbekannt.
[6] Entnommen aus: Going U.P.!, Smash Hits, 09.-22.07.1981. Autor: Steve Taylor.
[7] Entnommen aus: Depeche Mode, Bobcat Books, London 1986. Autor: Dave Thomas.
[8] Entnommen aus: Depeche Mode: Hurried Fashion, The Face, Juni 1981. Autor: Ian Cranna.
[9] Entnommen aus: Depeche Mode, Published by HMV / Melody Maker, 22.09.1990. Autor: unbekannt.
[10] Entnommen aus: Through That Darkness You'll Find the Light, EB Magazine, 12.03.2013, Autor: A.J. Samuels.
[11] Entnommen aus: The Story Of Depeche Mode, BBC Radio London Live94.9, 07.05.2001, Produzent: Tony Wood.
[12] Entnommen aus: My interview with Depeche Mode, 29.01.2010, Autor: Oyvindholen.
[13] Entnommen aus: Just Can't Get Enough, Uncut, Mai 2001. Autor: Stephen Dalton.
[14] Entnommen aus: Dave Gahan: The Wild Boy, No. 1, 04.05.1985, Autor: Dave Gahan.
[15] Entnommen aus: Going U.P.!, Smash Hits, 09.-22.07.1981. Autor: Steve Taylor.
[16] Entnommen aus: Andy Fletcher: The Brigade Boy, No. 1, 18.05.1985, Autor: Andrew Fletcher.
[17] Entnommen aus: Just Can't Get Enough, Uncut, Mai 2001. Autor: Stephen Dalton.
[18] Entnommen aus: Angels with shining Faces, Record Mirror, 01.08.1981. Autor: Mike Nicholls.
[19] Entnommen aus: Going U.P.!, Smash Hits, 09-22.07.1981. Autor: Steve Taylor.
[20] Entnommen aus: Mode Ahead, Muzik, Juli 2001. Autor: Ralph Moore.
[21] Entnommen aus: Play for Tomorrow, New Sounds, New Styles, August 1981. Autor: Pete Silverton.
[22] Entnommen aus: Angels with shining Faces, Record Mirror, 01.08.1981. Autor: Mike Nicholls.
[23] Entnommen aus: Basildon a La Mode, NME, 21.03.1981. Autor: Chris Bohn.
[24] Entnommen aus: Depeche Mode, Published by HMV / Melody Maker, 22.09.1990. Autor: unbekannt.
[25] Entnommen aus: Depeche Mode: The Interview, Talking Music SPEEK013, 1988, Interviewer: unbekannt.
[26] Entnommen aus: Martin Gore: The Decadent Boy, No. 1, 11.05.1985, Autor: Martin Lee Gore.
[27] Entnommen aus: The Name's the Game! Zig Zag, November 1982. Autor: John Kercher.
[28] Entnommen aus: Basildon a La Mode, NME, 21.03.1981. Autor: Chris Bohn.
[29] Entnommen aus: The Bright Side of the Moon, Sounds, 04.09.1982. Autor: Karen Swayne.
[30] Entnommen aus: Modish Musings, Sounds, 07.11.1981. Autor: unbekannt.
[31] Entnommen aus: The Bright Side of the Moon, Sounds, 04.09.1982. Autor: Karen Swayne.
[32] Entnommen aus: Play for Tomorrow, New Sounds, New Styles, August 1981. Autor: Pete Silverton.
[33] Entnommen aus: The Bright Side of the Moon, Sounds, 04.09.1982. Autor: Karen Swayne.
[34] Entnommen aus: This Year's Model(l), Sounds, 31.01.1981. Autor: Betty Page.
[35] Entnommen aus: Mute Speak, NME, 02.05.1981. Autor: Vivien Goldman.
[36] Entnommen aus: Going U.P.!, Smash Hits, 09.-22.07.1981. Autor: Steve Taylor.
[37] Entnommen aus: Modish Musings, Sounds, 07.11.1981. Autor: unbekannt.
[38] Entnommen aus: The Bright Side of the Moon, Sounds, 04.09.1982. Autor: Karen Swayne.
[39] Entnommen aus: Everything Counts (in Large Amounts), Number One, 19.11.1985. Autor: Paul Bursche.