2004

Am 27.10.2003 wurde mit Bottle Living / Hold On eine weitere Single aus Daves Soloalbum Paper Monsters ausgekoppelt, der am 09.02.2004 noch die Single A Little Piece folgte. Außerdem erschien am 01.03. der Video-Konzertmitschnitt Live Monsters.
Derweil ging der "Zickenkrieg" auch 2004 noch ein bisschen weiter, bis im Hause DM schließlich doch wieder Frieden einkehrte und verkündet wurde, es gäbe ein neues Album.
Fletch: "Unglücklicherweise nutzt Dave Interviews manchmal als Therapieersatz. Er lässt dann immer zu viel von dem raus, was ihm auf der Seele brennt. Er erzählt Journalisten auch immer viel, um sein Selbstwertgefühl aufzublasen - das ist ziemlich offensichtlich. 'Wie kommt es denn, Dave, dass du nach 22, 23 Jahren plötzlich Songs schreibst? Warum hast du das vorher nicht gemacht?' Seine Antwort war natürlich: 'Weil Martin mich nicht gelassen hat.' Das ist völliger Quatsch, weil Dave nie den Wunsch geäußert hat, Songs zu schreiben."[1]
Das ist das bereits erwähnte Zitat. Schon 1987 sprach Alan davon, dass Dave Songideen habe, und es gibt auch ein Radiointerview von 1994, in dem Dave laut darüber nachdachte, ein Soloalbum zu machen. Wusste Fletch nichts davon? Weiterhin hatte Dave ja sowohl bei Ultra als auch bei Exciter Demos vorgespielt. Nur, weil er nicht ausdrücklich äußerte, er würde diese Songs gern auf dem jeweiligen Album sehen, hatte er dann keine Ambitionen dazu? Vielleicht ist dieses Zitat aber auch falsch oder es handelt sich um einen Übersetzungsfehler, denn das Interview liegt nur auf Deutsch vor.



Bottle Living

(Bottle Living - mit freundlicher Genehmigung von © Matteo Prezioso)





Dave: "Ich habe versucht, Martin durch die Presse wissen zu lassen, dass es so für mich nicht mehr funktionierte."[2]
Nun könnte man sich fragen, warum er es ihm nicht direkt sagte. Warum benutzte er die Presse dafür? Nun ja, die Antwort ist immer die Gleiche - diese Band ist einfach nicht in der Lage, zu kommunizieren.
Dave: "Ich möchte wissen, was Martin über mich denkt. Aber zur gleichen Zeit will ich es nicht wissen, weil ich das Gefühl habe, es würde zum Schlimmsten kommen. Er ist extrovertiert, aber in manchen Dingen total introvertiert - wir sind alle so. Ich bewundere und respektiere ihn wirklich, und ich weiß, dass er gerade eine schwere Zeit durchmacht", (zu dieser Zeit ließen sich Martin und Suzanne scheiden), "und ich fühle mit ihm. Nach all den Jahren, glaubt man, dass man sich sehr viel besser kennen sollte, aber ich denke nicht, dass wir uns wirklich kennen."[3]
Martin: "Es war die Frage, es zu akzeptieren oder die Band aufzugeben. Ich würde es kein Ultimatum nennen, aber jedem, der beteiligt war, war klar, dass Dave wahrscheinlich nicht weitermachen würde, wenn er nichts beitragen könnte."[4] Aber er war auch ein bisschen beleidigt und besorgt. "Dave ist während der Promotion zu seinem Soloalbum mit seinen Kommentaren ein bisschen zu weit gegangen, hat Sachen gesagt wie, er fühle sich als Marionette, und ich wäre ein Diktator, und er meinte, er hätte das Recht, etwas beizutragen. Ich realisierte während dieser Zeit, dass, falls die Band weitermachen soll, ich das bis zu einem bestimmten Grad zulassen sollte. Aber ich fand nicht, es wäre richtig, er käme rein und schriebe 50% der Songs."[5]
Dave: "Ich sagte: 'Ich habe zu allem etwas beigetragen, was du in all den Jahren gemacht hast. Jetzt will ich etwas davon zurück. Lass es uns etwas anders machen. Ich werde meine Sachen mit einbringen.' Martin fragte: 'Nun ja, wie viele Songs? Wie viel?'"
Martin: "Dave ging mit einer Menge Energie an dieses Projekt. Er wollte das halbe Album schreiben! Wir waren deswegen etwas vorsichtig. Er hatte gerade erst sein erstes Soloalbum herausgebracht und erst angefangen, Songs zu schreiben."[6]
Dave: "Martin sagte: 'Ich denke, es wäre hart für Depeche Mode-Fans, das zu akzeptieren.' Und ich sagte: 'Bullsh***!'"[7] Aber er sagte auch, dass er gewusst hätte, es würde in einem Kompromiss enden.

Und ist Martin nun ein totalitärer Diktator? ;)
Martin: "Ja, ja, Dave nannte mich einen totalitären Diktator." (lacht) "Was ein wenig unfair war, denn so bin ich nicht. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich kein totalitärer Diktator bin."
Fletch: "Doch, du hast solche Momente. Aber Dave, ja, er hat ein paar Sachen in seinen Interviews vom Stapel gelassen. Aber so ist Dave. Er sagt immer das, was er denkt."
Martin: "Sogar in DM-Interviews sagt er manchmal Sachen, bei denen ich denke: 'Was?!' Aber wir wissen ja, wie er ist. Nicht immer sagt er das, was er auch wirklich meint."[8]
(Übrigens - manchmal denke ich das Gleiche bei Dingen, die Fletch sagt. Kürzlich fand ich einen Artikel, in dem Fletch mit: "Es war traurig, wie sich die Dinge entwickelten, besonders, als Alan uns verließ. Ich vermisse ihn schrecklich, er ist ein guter Freund"[9] zitiert wird. Es ließ mich "Was?!" denken. Natürlich haben sich die Dinge im Laufe der Zeit beruhigt, aber dass Fletch Alan einen guten Freund nennt und ihn schrecklich vermisst, klingt für mich dann doch etwas seltsam.)

Es ist schwer, zu sagen, wie gerechtfertigt Daves Vorpreschen war. Sicher ist auch Martin kein unschuldiges "Häschen" (fluffy bunny-wunny), aber Ausdrücke wie "Diktator" schossen sicherlich über das Ziel hinaus.
Warum Dave nun meinte, die Lösung bestehe darin, selbst Songs zu DM-Alben beizutragen, ist mir persönlich allerdings ein Rätsel. Auch bei einigen anderen Fans fiel das nur bedingt auf fruchtbaren Boden. Insofern war Martins Sorge, Dave das halbe Album schreiben zu lassen, durchaus berechtigt.
Immerhin hatte Dave erkannt, dass die Band ein Problem hatte, zumal das umstrittene Exciter die Fan-Basis gespalten hatte. Und er versuchte, dieses Problem zu lösen. Zwar bevorzugte er dazu die Alexander-Methode (den Gordischen Knoten mit dem Schwert durchschlagen), aber immerhin brachte er Bewegung in die Band.




Quellenangaben:
[1] Entnommen aus: Depeche Mode: Das ist Demokratie, Intro, Oktober 2005, Autor: Jürgen Dobelmann / Thomas Wenker.
[2] Entnommen aus: Pop: It's good to talk, Sunday Times (US), 18.09.2005. Autor: Dan Cairns.
[3] Entnommen aus: Fighting Mode, Music Article, 14.10.2005. Autor: Chris Willman.
[4] Entnommen aus: Heroes of their degeneration, Times (UK), 30.09.2005. Autor: Stephen Dalton.
[5] Entnommen aus: Songs of Innocence and Experience, Mojo, November 2005. Autor: Danny Eccleston.
[6] Entnommen aus: Depeche Mode in Mature Mode, Los Angeles Times, 28.03.2009. Autor: Chris Lee.
[7] Entnommen aus: Songs of Innocence and Experience, Mojo, November 2005. Autor: Danny Eccleston.
[8] Quelle ist nicht mehr auffindbar.
[9] Entnommen aus: Depeche Mode returns to basics with latest Album, Channel News (Asia), 14.10.2005. Autor: Zul Othman.



Biografiefaden: 2005

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